Des Moguls Traum

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Des Moguls Traum
© Joujou / PIXELIO

Ein Mogul schaute einst einen Wesir im Traum,
Der ew'ge Seligkeit in lichtem Himmelsraum
Genoß und Wonnen, die im reinsten Lichte strahlen.
Derselbe Träumer sah an andrem Ort in Qualen
'nen armen Klausner, glutumfacht,
Der selbst der Elenden Erbarmen rege macht.
Das schien ihm sonderbar und gar nicht recht zu passen,
Als hätt Minos in den zwei Toten sich geirrt.
Der Schläfer wachte auf, erstaunt und ganz verwirrt:
Sollt ein Geheimnis nicht der Traum vielleicht umfassen?
Drum wollt er ihn sich deuten lassen.
Der Traumausleger sagt: »Wundre dich nicht; wohl Sinn
Hat dieser Traum, ein Wink der Götter ist's; ich bin
Bereit, die Deutung zu versuchen.
Als ihre Zeit die zwei auf Erden zugebracht,
Da pflegte der Wesir die Einsamkeit zu suchen,
Der Klausner hat den Hof Wesiren oft gemacht.«
Fügt ich ein Wörtchen noch zur Deutung dieses Weisen,
Möcht hier die Einsamkeit vor aller Welt ich preisen:
Sie schafft dem, der sie liebt, ein Glück, das ohne Reu,
Ein Pfand des Himmels, rein und schön und immer neu.
Wo seid ihr Orte, die ich liebte, mit dem leisen
Geheimnisvollen Wehn, wo, fern dem Lärm der Welt,
Nur kühler Schatten mich und Duft umfangen hält,
Und wo's melodisch klingt aus dunkler Bäume Nestern?
Wann darf ich, fern von Hof und Stadt, nur den neun Schwestern
Ganz angehören? Wann lernen am Firmament
Der Sterne Wunderlauf, den unser Äug nicht kennt,
Die unerreichbar fern in Wandelfeuer glimmen
Und unser Handeln wie unser Schicksal bestimmen?
Bin ich geschaffen nicht für so erhabnen Flug,
Beut mir des Bächleins Lauf der Wonnen noch genug;
Sein Ufer schildr' ich, das von Bäumen rings umgeben.
Aus goldnen Fäden spinnt die Parze nicht mein Leben,
Kein üppig Himmelbett ist meinem Schlaf beschert;
Doch ist mein Schlummer drum ein Härchen minder wert?
Und wird er wen'ger fest und wonnig mich umschlingen?
Nein, einsam will ich gern ihm neue Opfer bringen.
Naht dann der Augenblick des Scheidens: ohne Scheu
Und Sorg hab ich gelebt und sterbe ohne Reu.



Des Moguls Traum
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