Die Auster und die Streitsüchtigen

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Die Auster und die Streitsüchtigen
© Michaela Schmidt-Meier / PIXELIO

Zwei Pilger fanden einst 'ne Auster, die zum Strande
Die Flut geschwemmt; ihr Äug verschlingt sie, und es weist
Ihr Finger drauf; allein, da sie noch lag im Sande,
Entbrennt ein Streit darob, wes Zunge sie verspeist.
Schon bückt der eine sich, die Beute einzustecken;
Der andre stößt ihn fort und sagt: »Erst muß es klar
Doch sein, wem von uns sie soll schmecken!
Der, welcher nachweist, daß er der Entdecker war,
Der schlucke sie, indes der andre mag zusehen.« -
»Nun, soll danach der Spruch geschehen« -
Erwidert sein Genoß — »Gottlob, mein Äug ist scharf.« —
»Meins auch! Und, wie ich schwören darf,
Ich sah sie noch vor dir« — hat jener drauf gesprochen.
»Gut! Du hast sie gesehen, doch ich hab sie gerochen.« -
Indessen kommt Dandin heran,
Dem nun den Richterspruch die beiden übertragen.
Die Auster öffnet er höchst ernst, und mit Behagen
Schlürft er sie. Jene schaun ihn an.
In feierlichem Ton verkündet er sodann:
»Jeder von euch erhält, wie das Gericht entschieden,
'ne Schale, kostenfrei, nun kehret heim in Frieden.«
Denkt, was an Kosten heut an die Gerichte fällt,
Und was den meisten bleibt, die 's zu Prozessen treiben!
Ihr werdet sehn: es zieht Dandin das ganze Geld,
Und den Partein wird nur der leere Beutel bleiben.



Die Auster und die Streitsüchtigen
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